Flos Arbeit im Helfer-Stab:
Vom InfoPoint ans Filmset
Die Flut in der Wahlheimat
Das erste Mal kam Flo als Kind ins Ahrtal. Als 13 Jähriger kommt er für einen Urlaub in die Region und findet es dort so viel schöner als in Bonn, wo er zu der Zeit lebt: Alles ging ein bisschen langsamer und war weniger hektisch. Als Flo erwachsen ist, zieht er ins Ahrtal, macht die Gegend zu seiner Wahlheimat und lebt seit vier Jahren dort, als die Flutkatastrophe passiert. In der Flutnacht beobachtet er gemeinsam mit den anderen Mietern im Haus den Pegel, überlegen, ob sie das Haus verlassen oder ausharren, doch als der Pegel zu fallen beginnt, ist nur der Keller des Hauses betroffen.
Hilfe in der Nachbarschaft
Am nächsten Morgen gehen die Aufräumarbeiten los, der eigene Keller wird ausgepumpt und Flo hält die Stellung im Haus. Während einige der anderen Mieter erstmal zu Familie und Freunden fahren, um sich von der Nacht zu erholen, bleibt Flo in Walporzheim und passt auf das ansonsten leere Haus auf. Er hilft den Nachbarn, den Nachbarn der Nachbarn, seinen Freunden und Bekannten. Er pumpt mit einer Teichpumpe bis spät in die Nacht Keller leer, verteilt Essen an Helfer und Betroffene und schippt Schlamm – bis er sich verletzt. Nur ein unvorsichtiger Schritt, Flo fällt auf den Rücken und kann nicht mehr weitermachen. Seinen Job in der Ahrtaltherme, den er vor der Flut gemacht hat, kann er sowieso nicht mehr machen – die Ahrtaltherme war zu betroffen und ist geschlossen. Doch sein Chef dort hat ihn nicht vergessen und fragt Flo, ob er Interesse an einem Job in einem InfoPoint hätte und Flo sagt zu.
Neuer Job und neuer Alltag
Schon wenige Tage später sitzt Flo also im InfoPoint in Walporzheim und nach wochenlangem Chaos kommt langsam wieder Struktur in sein Leben: Er hat eine klare Aufgabe, es gibt feste Öffnungszeiten und Flo kann wieder seinen Lebensunterhalt bestreiten. Es kehrt ein neuer Alltag ein. An einem Wochenende fährt Flo zu seiner Familie nach Bonn, es ist das erste Mal seit der Katastrophe, dass er aus dem Ahrtal rauskommt. Die Stadt wirkt auf ihn mittlerweile unwirklich, surreal und fremd: All die neuen Häuser, die entspannten Menschen auf den Straßen und diese Normalität, die ihn anzuschreien scheint, machen Flo erst klar, wie sehr er sich an den neuen Alltag und die Zerstörung im Ahrtal gewöhnt hat.
Aus dem InfoPoint ans Filmset
Flo ist es nach einigen Monaten im InfoPoint gewohnt, dass die Tür des Containers auffliegt und Menschen mit ganz unterschiedlichen Sorgen, Nöten und Anliegen hereinkommen, denen er versucht zu helfen. Doch eines Tages steht ein Mann vor ihm und fragt, ob er im InfoPoint filmen dürfe. Flos Herz schlägt ein bisschen höher, denn er ist selbst filmbegeistert und hat vor der Flut mit seinen Freunden schon eigene Filme und Musikvideos gedreht. Er willigt ein und beobachtet den Kameramann ganz genau. Als der einen Faltreflektor aufstellt und Flo ihn fragt, wofür genau der gut ist, kommen die beiden ins Gespräch und verstehen sich auf Anhieb gut. Flo und Adrian verabreden sich, nach Feierabend und in ihrer Freizeit mal gemeinsam ein paar Aufnahmen zu machen und wenige Wochen später fragt Adrian, ob Flo bei einem Livestream als Kameramann aushelfen kann – und wie Flo das kann.
Helfer Stab Adrian beim Dreh mit Partnern aus dem Informationsbündnis Wiederaufbau IBW
Mach’s schön!
Nach dem Dreh erzählt Adrian Flo vom Informationsbündnis Wiederaufbau und fragt, ob Flo sich vorstellen kann, an dem Projekt mitzuarbeiten. Dort werden zu diesem Zeitpunkt fünf Videos pro Woche auf den sozialen Medien geteilt und Adrian braucht dringend Unterstützung in der Videoproduktion. Flo willigt sofort ein und macht damit seine Leidenschaft zum Beruf. Doch es gibt noch viel zu lernen: Hatte er bei den Filmprojekten mit seinen Freunden alle Zeit der Welt und kreative Freiheit, muss er sich jetzt oft nach den Wünschen der Mitglieder des Informationsbündnis richten und vor allem eins: Schneller werden. Innerhalb von kürzester Zeit kann er sein Schnittprogramm im Schlaf bedienen und weiß genau, was Adrian meint, wenn er sagt: „Mach’s schön!“
Gemeinsam mehr bewegen!
Flo wird nicht nur Teil des Teams im Informationsbündnis Wiederaufbau, er wird auch Teil der Stabsstelle 5 und lernt viele weitere Menschen im Helfer-Stab kennen. Schnell lernt er die Zusammenarbeit im Team und mit vielen Kooperationspartnern kennen und ist immer wieder begeistert von den großen und kleinen Projekten, die mit den vielen Akteuren entstehen.
„Es ist so, als wenn zwei Zahnräder sich erstmal alleine drehen und plötzlich werden sie zusammengeschoben, die Zähne greifen ineinander, alles dreht sich zusammen und kann auf einmal gemeinsam viel mehr in Bewegung bringen!“
Lernen, verarbeiten und Erfahrungen weitergeben
Je länger Flo beim Helfer-Stab arbeitet, umso mehr lernt er und übernimmt immer mehr Verantwortung. Hatte er im Informationsbündnis zuerst hauptsächlich den Videoschnitt gemacht, dreht er bald auch selbst Videos, überlegt sich Konzepte, bringt sich Animation und Special-Effects bei. Doch er merkt auch: Die letzten Jahre waren anstrengend. Wie so viele beginnt er erst über ein Jahr nach der Flut, sich mit dem Erlebten auseinanderzusetzen und zu verarbeiten. Er beschließt, seine Erfahrungen und Erlebnisse aus der Fluthilfe weiterzugeben und arbeitet mit am Helfer-Guide, mit dem der Helfer-Stab in anderen Hochwasserlagen Helfende unterstützen möchte. Heute bleibt bei Flo nur an starken Regentagen ein mulmiges Gefühl zurück und die Erkenntnis: Das Ahrtal ist und bleibt seine Wahlheimat!